Rethink Recruiting & Onboarding (2/4):
Zwischen gut gemeint und gut gemacht
Den Fachkräftemangel bekommen längst nicht mehr nur Unternehmen zu spüren, jede:r von uns wird mittlerweile regelmäßig damit konfrontiert: bei Ämtern, im Krankenhaus, am Flughafen, an Kassen usw. Was uns als Kund:innen in erster Linie nervt, ist für die Wirtschaft ein massives, teures Problem, das sich ohne ein Umdenken in vielerlei Hinsicht nicht bewältigen lässt. Wie gehen Unternehmen aktuell damit um, wo ist noch Luft nach oben und aus welcher Richtung ist Licht am Horizont erkennbar?
Noch teurer als gute Leute: keine Leute
Momentan ist die Situation für alle unbefriedigend. Allerdings sieht es in Zukunft eher schlechter als besser aus, denn bis 2030 werden in Deutschland rund 1,1 Millionen IT-Fachkräfte fehlen, so die Boston Consulting Group in ihrem „Future of Job“-Report. Das bedeutet: So schwer sich Unternehmen heute tun, gute Leute zu finden – in den kommenden 20 Jahren wird es nie wieder so leicht sein! Bei jedem Recruiting werden immer weniger Bewerber:innen zu finden sein, die gleichzeitig immer weniger qualifiziert sind. Gut für uns Headhunter, teuer für Unternehmen. Positionen im IT- und Technik-Umfeld unbesetzt zu lassen, ist aber auch keine Alternative, denn das kostet wesentlich mehr. Der Grund: Manche Projekte könnten dann entweder gar nicht oder nur mit teurer externer Hilfe realisiert werden.
Bei der folgenden Rechnung kommt nun wieder unsere fiktive Figur Ingo Informatiker aus dem ersten Teil der Blog-Serie ins Spiel. Dieser smarte, hoch motivierte Traumkandidat, dem jede HR-Abteilung quasi zu Füßen liegt. Natürlich will Ingo nicht nur ein stattliches Gehalt für seine verantwortungsvolle Position, sondern auch Boni, eine Remote-Work-Option und andere Annehmlichkeiten. Trotzdem sollten sich Recruiter lieber darauf einlassen, statt hohe Vakanz-Kosten in Kauf zu nehmen. Denn im Fall von Ingos unbesetzter Stelle mit 100.000 € Jahresgehalt können schnell sogenannte „Costs of Vacancy“ in Höhe von über 37.000 € entstehen – die zweithöchsten Vakanz-Kosten im Branchen-Vergleich. Das hat StepStone auf Basis eigener Daten (die unter anderem im StepStone Gehaltsreport 2022 veröffentlicht wurden) als auch auf denen der Bundesagentur für Arbeit errechnet.
Tut’s auch die zweite Wahl?
Stell dir vor, deine HR-Kolleg:innen haben sich gedacht, „Lass die Personalberatung mal reden …“, und die vakante Stelle statt mit dem motivierten Ingo mit dem günstigeren Bernd besetzt, merken aber nach einem halben Jahr, dass der ein Blender ist. Nicht so schlimm? Leider doch, denn auch eine solche Fehlbesetzung zieht erhebliche finanzielle Kosten nach sich, vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels. Nach Schätzungen der Harvard Business Review gehen nämlich zwischen einem und drei Jahresgehälter für Fehlbesetzungen drauf.
Warum so viel? Weil eine Menge direkter und indirekter Kosten entstehen. Unter anderem für…
- ein erneutes Recruiting,
- ein weiteres, individuelles Gehaltspaket,
- zusätzliche Schulungen und Onboarding,
- Rechtsstreitigkeiten und/oder Abfindungen,
- negative Auswirkungen auf die Produktivität der anderen,
- die Verschlechterung der Arbeitsatmosphäre und
- durch den Imageverlust des Unternehmens.
Um eine Fehlbesetzung zu vermeiden, solltest du verschiedene Punkte beachten. Einer davon ist der Cultural Fit, also die Übereinstimmung von Bewerber:innen mit den Werten des Unternehmens. Den solltest du vor einer Einstellung checken. Zwei weitere: Spar‘ weder Zeit noch Kosten, damit es im Nachhinein nicht noch teurer wird. Außerdem: ein vernünftiges Onboarding, zu dem wir dir im vierten Teil dieser Blog-Serie nützliche Tipps geben.
Stellenangebote, die nur wenig „Interesse wecken“
„Zur Verstärkung unserer XY-Abteilung suchen wir zum nächstmöglichen Zeitpunkt eine/n …“ Ähm, ja. Kann man machen, haben Interessent:innen aber schon tausende Male gelesen. Unternehmen, die sich als „innovativ“ bezeichnen, fügen ihren Stellenangeboten gern noch Buzzwords wie „Work-Life-Balance“ und „Wertschätzung“ hinzu. Aber ist das auch zielführend?
Anspruchsvolle Talente wie Ingo lassen sich von Standard-Sätzen und Feel-good-Washing wenig beeindrucken. Er wünscht sich eine interessante, erfüllende Tätigkeit mit bestmöglichen Arbeitsbedingungen. Statt abgegriffener Schlagwörter sollte eine Stellenanzeige primär wirklich attraktive und zeitgemäße Vorzüge ausdrücken – in ungekünstelten, klaren Worten. Erst recht im IT- und Tech-Umfeld. Denn qualifizierte Techies wie Ingo lassen sich mit trendigen Buzzwords genauso wenig ködern wie mit Büro-Obst.
Ebenso wichtig: verständliche Stellenbezeichnungen. Ja, Elon Musk nennt sich „Techno-King of Tesla“, aber in solchen Sphären ist einem die Wahrnehmung anderer sowieso egal. Der Rest der Welt, der eher auf dem Boden der Tatsachen unterwegs ist, kann sich unter „Inhouse IT-Consultant“ kaum etwas vorstellen. Ebenso wenig wie unter „Chief System Officer“. Außerdem solltest du unternehmensspezifischen Jargon vermeiden, denn damit könnten dir gute Kandidat:innen durch die Lappen gehen. HR-Abteilungen sollten also auch bei Stellenangeboten neu denken und sich bei den Formulierungen ins Zeug legen, um bei potenziellen Kandidat:innen von Anfang an zu punkten.
Fachkräftemangel? An Employer Branding führt kein Weg vorbei!
Leider ist die Außenwirkung der meisten Unternehmen absolut austauschbar. Doch in Zeiten des Fachkräftemangels ist es unumgänglich, strategische Maßnahmen zu ergreifen, um sich als attraktiver Arbeitgeber zu positionieren. Ohne die Schaffung einer Arbeitgeber-Marke, die von innen und außen positiv wahrgenommen wird, läuft heute beim Recruiting nicht mehr viel. Klar, das kostet Zeit und Geld, ist aber immer noch günstiger als Fluktuation und unbesetzte Stellen.
Welche Maßnahmen Personalberatungen empfehlen, um die Employer Brand in Szene zu setzen, liest du ebenfalls im vierten Teil dieser Blog-Serie.
Ein Hoffnungsschimmer: das Fachkräfteeinwanderungsgesetz
Der leer gefegte Arbeitnehmer:innen-Markt lässt sich schon wegen des demografischen Wandels nicht einfach bewältigen, so viel ist klar. Die meisten Unternehmen hoffen deshalb auf das aktuell viel diskutierte Fachkräfteeinwanderungsgesetz, mit dem die Bundesregierung die Einwanderung von qualifizierten Arbeitskräften aus dem Ausland erheblich erleichtern will.
Das geplante FEG ist sicherlich eine erfolgversprechende Maßnahme gegen den Fachkräftemangel in Deutschland, allerdings wird das Kabinett erst irgendwann im Frühjahr die entsprechenden Gesetzentwürfe absegnen. Bis der gewünschte Effekt in der Wirtschaft ankommt, werden dann noch ein bis zwei Jahre vergehen. So lange musst du allerdings nicht warten, bis wir dir – im dritten Teil dieser Blog-Serie „Rethink Recruiting & Onboarding“ – einige hilfreiche Lösungsansätze verraten. Also: Stay tuned!
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Sandra Nachtigall
Sales Managerin