Rethink Recruiting & Onboarding (1/4):
Zwischen Megatrends und Konsequenz
Das waren noch Zeiten, als alles wie am Schnürchen zu laufen schien… Vorgesetzte konnten sich allzeit fleißige und folgsame Rosinen vom Arbeitsmarkt picken – ohne Stellenanzeige, ohne Personalberatung. Arbeitnehmer:innen waren loyal und zufrieden bis zur Rente. Die Wirtschaft florierte und Headhunter mussten sich nicht krumm machen, um gutes Geld zu verdienen.
Doch statt diesen Zeiten hinterherzutrauern, wollen wir uns lieber mit den Perspektiven beschäftigen: Was bedeutet der Fachkräftemangel für das Recruiting & Onboarding der Zukunft? Und in welchen Bereichen sollten wir jetzt neu denken?
Vor keinem Berufszweig und keiner Branche macht der allseits beklagte Fachkräftemangel halt. Waren 2020 noch 86.000 Stellen für IT-Fachkräfte offen, sind es heute deutschlandweit schon 137.000 – das ergab eine Umfrage des Verbands der deutschen Informations- und Telekommunikationsbranche bitkom. Eine weitere Zahl, die HR-Abteilungen nervös machen dürfte: offene Stellen für IT-Fachkräfte bleiben mittlerweile durchschnittlich 7,1 Monate unbesetzt.
Da es in anderen Branchen nicht besser aussieht, fragen sich natürlich alle: Woran liegt’s? Was ist passiert? Arbeitet denn keiner mehr was? Schnell sind die Jüngeren, gerade die Generation Z, als Sündenbock ausgemacht. Doch wer behauptet, sie sei nicht leistungsfähig oder -willig, macht es sich zu einfach, denn die Antwort ist vielschichtig. Der nachweisbare Hauptgrund ist der demografische Wandel in Deutschland. Und auch die anderen Gründe sind längst bekannt. Wir können diese Diskussion also direkt überspringen, denn die verschwendet nur wertvolle Zeit.
Und jetzt?
Eigentlich sind die Ursachen für den Fachkräftemangel auch zweitrangig, denn sie ändern nichts am Symptom. Es nützt nichts, sich die Haare zu raufen, denn in absehbarer Zeit wird sich die Situation nicht verbessern, eher verschlechtern. Viel wichtiger ist die Frage: Wie gehen wir damit um und wie können Headhunter und Personalabteilungen das Beste daraus machen?
Für das komplexe Thema „Rethink Recruiting & Onboarding“, dem wir eine vierteilige Serie von Blog-Artikeln widmen werden, haben wir eine fiktive Figur ins Leben gerufen: Ingo Informatiker. Er ist das perfekte Match: jung, gut ausgebildet, motiviert, aber er ist auch anspruchsvoll.
Ja, wir hätten die Figur auch Ina nennen können. Wir haben uns aber aus statistischen Gründen für Ingo entschieden, denn in Deutschland arbeiten derzeit gerade mal rund 19 % Frauen in einem IT-Beruf. Im technischen Umfeld sind es nur noch 15 %. Aber vielleicht ändert sich auch das noch. Wünschenswert ist es!
In diesem ersten Teil der Blog-Serie wollen wir den Status quo beleuchten. Was beschäftigt unseren Bilderbuch-Kandidaten Ingo Informatiker? Inwieweit wird er von den großen Megatrends beeinflusst? Und was wünscht sich Ingo?
Was der Megatrend Individualisierung damit zu tun hat
Mehr persönliche Möglichkeiten und Selbstbestimmung sind die Basics des Megatrends Individualisierung. Ein Trend, der – wie die anderen, vom Zukunftsinstitut ausgemachten Megatrends – keine kurzlebige Mode ist, sondern eine Veränderungsdynamik, die jeden Realitäts-Check besteht. Bei der Individualisierung geht es um eine neue, demokratisch geprägte Wahlfreiheit, die wir anerkennen sollten.
Unser Ingo weiß die Individualisierung zu schätzen. Er ist froh, dass die Zeiten vorbei sind, in denen die Papis der Babyboomer-Generation (so wie sein Vater) sich für ihren Job teils bedingungslos aufopferten. Und er findet, dass es um diese Zeiten nicht allzu schade ist. Denn Ingo legt keinen Wert darauf, zehn Jahre beim gleichen Arbeitgeber zu bleiben. Außerdem hält er das klassische Rollenverständnis, das an Status und Karriere gekoppelt war, für überholt. Er möchte nicht, dass seine Frau später einmal – trotz solider Ausbildung – von der Arbeitsmarkt-Oberfläche verschwindet, um sich ausschließlich nicht honorierter Fürsorgearbeit für Haushalt, Kinder und Großeltern zu widmen. So wie Ingos Mutter kehrten nur wenige Frauen in die Arbeitswelt zurück, wodurch meist eine finanzielle Abhängigkeit entstand.
Es spricht einiges dafür, ein solches Rollenverständnis in Rente zu schicken. Ebenso wie die Ansicht, die Ingos von heute müssten die gleichen Vorstellungen von Sinnhaftigkeit haben wie ihre Eltern und Großeltern.
Welche Herausforderungen New Work an Arbeitgeber stellt
In der Arbeitswelt bahnt sich in vielerlei Hinsicht eine Revolution an. Ein massiver Richtungswechsel, von dem alle profitieren können. Am besten, wir fangen noch heute an, ihn zu verstehen und uns darauf einzulassen.
Ein weiterer Megatrend: New Work. Das bedeutet unter anderem, dass die klassische Karriere ausgedient hat und vielmehr die Sinnfrage in den Vordergrund rückt. Außerdem, dass kapitalistisch geprägte Karriere-Vorstellungen heute immer mehr von weichen Faktoren ersetzt werden. Zu diesen gehören unter anderem Sinnhaftigkeit, individuelle Gestaltungsmöglichkeiten und Vereinbarkeit von Beruf mit dem Privatleben.
Auch Ingo Informatiker ist froh, dass das tägliche Pendeln zur Arbeit längst keine Selbstverständlichkeit mehr ist. Er ist zwar nicht der Ansicht, dass Remote Work für alle die beste Variante ist, als IT-Fachmann kann Ingo aber von zu Hause oder unterwegs arbeiten, spart sich damit an drei Werktagen die Fahrt in die Firma, gewinnt damit Freizeit und schont die Umwelt. Sollte er irgendwann Vater werden, kann er sich die Fürsorgearbeit mit seiner Frau teilen, beide können ihren Beitrag zum Haushaltseinkommen leisten und niemand ist abhängig.
Natürlich erleichtert New Work das Recruiting nicht gerade, von außen betrachtet ist es aber eine durchaus positive Entwicklung, denn Ingo und seine Kollegen können viel flexibler arbeiten und deutlich mehr mitbestimmen. Weil sich mit der Sinn-Maximierung sowohl die Produktivität als auch die Motivation steigern lässt, profitieren auch Arbeitgeber davon.
Ist Purpose das neue Opium fürs arbeitende Volk?
Mehrmals täglich liest man in den einschlägigen Business-Portalen vom (Corporate) Purpose, der Unternehmen und Personalverantwortliche vor neue Herausforderungen stellt. Purpose (zu Deutsch: Sinn, Zweck, Nutzen) ist ein philosophisch-moralisches Konzept, bei dem Sinnhaftigkeit im Mittelpunkt steht. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet Purpose, dass – im Idealfall – die Leistungen oder Produkte eines Unternehmens in puncto Nachhaltigkeit, Arbeitsbedingungen und generellem Impact gut für Mensch und Umwelt sind.
Wenn Ingos Arbeitgeber also einen Purpose bietet, geht Ingo motiviert zur Arbeit, statt sich morgens aus dem Bett zu quälen. Seine Ideen und Wünsche werden gehört. Er hat eine Beschäftigung bei einem Unternehmen, dessen Werte und Ziele sich mit seinen decken. Und mit denen seiner gleichgesinnten Kolleg:innen. Da sein Unternehmen einen Corporate Purpose verfolgt, läuft Ingo weniger Gefahr, auszubrennen.
Die Herausforderung dabei: Für manche Unternehmen ist es schwer, einen Purpose zu finden und zu vermitteln. Zum Beispiel für Anbieter von Sportwagen, Fast Fashion oder Genussmitteln. Und auch sonst geht es ja in jedem Unternehmen in erster Linie um eines: den Shareholder-Value. Denn der sichert den Fortbestand. Auch hier gilt also – wie so oft –die richtige Balance zu finden.
Wenn man merkt, dass man ein totes Pferd reitet, macht es keinen Sinn, das Futter zu wechseln
Klar, der Fachkräftemangel nervt. Arbeitgeber, HR-Abteilungen, Personalberater, alle. Aber er vermittelt uns auch etwas. Er lehrt uns, neue Perspektiven einzunehmen und in vielerlei Hinsicht neu zu denken.
In der nächsten Folge der Serie „Rethink Recruiting & Onboarding“ erfahrt ihr mehr von Ingo und davon, wie Unternehmen mit dem Fachkräftemangel umgehen. Freut euch auf neue Impulse!
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Sandra Nachtigall
Sales Managerin